Das Institut «Kulturen der Alpen» und die Universität Luzern haben gemeinsam eine neue Veranstaltungsreihe lanciert, die sich mit dem Tourismusrecht in all seinen Facetten widmet. Gestern Donnerstag und heute Freitag fand nun die erste Veranstaltung in dieser Reihe statt – und zwar in Andermatt. Der Urner Tourismusort bot sich als Austragungsort regelrecht an. Schliesslich entsteht hier seit 2005 das Tourismusresort des ägyptischen Investors Samih Sawiris, eines der derzeit vielbeachtesten Tourismusprojekte der Alpen. Die Planung und der Bau dieses Resorts sind mit einer Vielzahl von rechtlichen Verfahren und Entscheiden verknüpft, die in ihrer Dichte und in ihrem Umfang bereits jetzt ganz neue Dimensionen erreicht haben.
Die erste Tagung in der Veranstaltungsreihe widmete sich der Tourismusförderung und den hybriden Hotelformen (Mischformen zwischen klassischer Hotellerie und Parahotellerie), die gerade im Nachgang der Zweitwohnungsinitiative einen gewissen Aufschwung erleben. Rund vierzig Personen – Vertreter von Tourismusorganisationen, Projektverantwortliche aus der Branche, Verwaltungsangestellte und Juristen – nahmen an der Veranstaltung teil. Dabei zeigte sich, dass der Tourismus längst nicht nur wegen Lex Koller und der Zweitwohnungsinitiative mit der Rechtswissenschaft Berührungspunkte hat. Jeder Bereich der Tourismusbranche basiert auf rechtlichen Grundlagen. Die Themenfelder reichen von Wirtschaftsfördermassnahmen des Bundes, über die kantonale Raumplanung bis hin zum Reglement über die Verwendung der kommunalen Kurtaxen. Selbst der Landwirtschaftsbetrieb, der Schlafen im Stroh anbietet, hat gewissen Vorschriften einzuhalten. «Für uns Juristen ist der Bereich Tourismus spannend, da es für praktisch keine Problemstellung eine allgemeingültige Lösung», sagt Roland Norer, Rechtsprofessor an der Universität Luzern und Mitglied der Institutsleitung von «Kulturen der Alpen». «Jeder Kanton und jede Gemeinde kennt wieder andere Gesetze und Reglemente, jedes Projekt muss einzeln beurteilt werden.»
Tourismusförderung wird auch als öffentliche Aufgabe verstanden
Der Urner Regierungsrat Daniel Furrer begrüsste die Teilnehmenden am Donnerstag zum Auftakt des zweitägigen Anlasses und erläuterte kurz, wie sich Andermatt in den vergangenen Jahren verändert hat. Der erste Block der zweittägigen Veranstaltung bot eine Annäherung an die Thematik. Marcus Roller, Co-Leiter der Forschungsstelle Tourismus des «Center for Regional Economic Development» der Universität Bern, sprach über die aktuellen Strömungen im Alpentourismus. So würden Trends zur Digitalisierung, Individualisierung oder nachhaltigerem Konsum auch vor der Tourismusbranche nicht Halt machen. Auf veränderte Bedürfnisse müsse sich die Branche immer wieder neu einstellen. Roland Norer, Organisator der Veranstaltung und Co-Leiter des Instituts «Kulturen der Alpen», brachte den Anwesenden zudem den Begriff Tourismusrecht näher.
Der zweite Block befasste sich mit den Instrumenten der Tourismusförderung auf kantonaler und eidgenössischer Ebene. Dabei stellte Richard Kämpf vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) die direkt und indirekt relevanten Rechtsgrundlagen für die Tourismusförderung auf Bundesebene vor. Michael Caflisch vom Amt für Wirtschaft und Tourismus des Kantons Graubünden zeigte auf, wie Tourismusförderung in seinem Kanton in der Praxis funktioniert. Martina Titlbach-Supper, Abteilungsleiterin beim österreichischen Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, erläuterte in ihrem Referat schliesslich, inwieweit Tourismusförderung in Österreich eine Aufgabe des Bundes verstanden werde.
Abschluss des ersten Veranstaltungstages war ein Kamingespräch, zu dem Emanuel Strub ein Inputreferat hielt. Der Rechtanwalt hatte als langjähriger Generalsekretariat der Urner Justizdirektion das Sawiris-Projekt in Andermatt von Anfang an eng begleitet.
«Die Themen werden uns nicht ausgehen»
Heute Freitag, dem zweiten Tag der Veranstaltung, drehte sich um die Thematik der hybriden Hotelformen und den Folgen der Zweitwohnungsinitiative. Der Walliser Rechtsanwalt Aron Pfammatter erläuterte, wie Ferienwohnungen heute aufgrund der heutigen Gesetzgebung vermehrt touristisch bewirtschaftet werden. Der Urner Landrat und Rechtsanwalt Georg Simmen referierte aus Sicht von Projektentwicklern über hybride Hotelformen und zeigte auf, welche Bedeutung Apparthotels inzwischen für Tourismusdestinationen haben. Gabriel Hefti vom Bundesamt für Raumentwicklung wagte anschliessend eine Wirkungsanalyse über das Zweitwohnungsgesetz und stellte dabei die Frage, ob es allenfalls für die Zulassung touristisch bewirtschafteter Wohnungen zusätzlichen Klärungsbedarf gäbe. Zum Abschluss sprach Rechtsprofessor Peter Bußjäger von der Universität Innsbruck über Freizeitwohnsitze in Österreich und wie unterschiedlich die Bundesländer diese reglementieren.
Zum Schluss der zweitägigen Veranstaltung bilanzierte Rechtsprofessor Roland Norer vom Institut «Kulturen der Alpen» nochmals, die besprochenen Themen. Er war beeindruckt, zu sehen, wie viele unterschiedliche Themenbereiche die Touristiker in der Praxis beschäftigen: «Die Themen für weitere Veranstaltungen werden uns ganz sicher nicht ausgehen.»
Die Veranstaltung wurde unterstützt durch den Kanton Uri, die Neue Regionalpolitik (NRP), die beiden Korporationen Ursern und Uri sowie die Dätwyler Stiftung.