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Nachhaltige Diskussionen zu Wasserkraft und Biodiversität an den Urner Institutstagen

Nachhaltige Diskussionen zu Wasserkraft und Biodiversität an den Urner Institutstagen

Die in diesem Jahr bereits zum dritten Mal stattfindenden Institutstage des Urner Instituts Kulturen der Alpen begannen mit einem Workshop der Arbeitsgruppe «Alpine Futures Literacy» unter der Leitung von Dr. Jens Badura. Im Mittelpunkt stand die Weiterentwicklung des UNESCO-Konzepts der «Futures Literacy» für den alpinen Raum. «Futures Literacy» oder Zukunftskompetenz beschreibt die Fähigkeit, bewusst die Vorstellungskraft zu nutzen, um nicht-existente Zukunftsszenarien in die Gegenwart einzubringen. Eine zukunftskompetente Person verfügt über die Fertigkeiten, sich mehrere mögliche Zukünfte vorzustellen und kann so die Gegenwart in einem neuen Licht betrachten. Der Workshop bot eine Plattform für intensive Diskussionen und den Austausch über laufende und geplante Projekte. Damit unterstreicht das Institut seine Vorreiterrolle in der Entwicklung innovativer Ansätze zur Gestaltung nachhaltiger Zukunftsperspektiven für den Alpenraum.

Der zweite Tag der Institutstage bot ein breites Spektrum an Vorträgen, die sich einerseits mit den Veränderungen und historischen Entwicklungen im Alpenraum befassten, aber auch auf die Dringlichkeit zukünftiger und nachhaltigerer Handlungsstrategien aufmerksam machten. Einen spannenden Einstieg bot die Präsentation von Dr. Rahel Wunderli und Chiara Zgraggen zum Dialogprojekt «Uri im Wandel». Dieses innovative Projekt schafft eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Bevölkerung über die aktuellen Veränderungen im Kanton Uri. Die Referentinnen berichteten über Erfahrungen und Erkenntnisse aus dieser besonderen Form der wissenschaftlichen Forschung und Vermittlung. Das Projekt beleuchtet, wie sich tiefgreifende Entwicklungen in Bereichen wie Tourismus und Wirtschaft auf den Alltag und die Lebensweise der Urner Bevölkerung auswirken und untersucht, welche Möglichkeiten und Herausforderungen diese Veränderungen mit sich bringen und wie sie von den Einwohnern wahrgenommen und genutzt werden.

Nach einer kurzen Pause folgte der Vortrag von Dr. Sebastian De Pretto über «Staudämme und Verdrängungsprozesse im Alpenraum nach 1880». De Pretto stellte sein SNF-Ambizione-Projekt vor, das die sozioökonomischen und ökologischen Folgen des Wasserkraftausbaus in den Alpen untersucht. Das Projekt, das die Schweiz, Italien und Slowenien im Zeitraum von 1880 bis 1970 betrachtet, wirft wichtige Fragen zur Teilhabe und Ausgrenzung peripherer Gesellschaften auf. De Pretto betonte die Notwendigkeit eines transnationalen Ansatzes in der Sozialgeschichte des Stauseebaus. Er untersucht, wie der Bau von Speicherseen in vormals unerschlossenen, peripheren Gebieten gesellschaftspolitisch ausgehandelt wurde. Dabei werden Verdrängungs- und Umsiedlungspraktiken sowie die Machtstrukturen in den Entscheidungsprozessen analysiert. Das Projekt leistet einen bedeutenden Beitrag zur Sozial-, Umwelt- und transnationalen Geschichte der Alpen. Es beleuchtet die Handlungsspielräume alpiner Gemeinschaften gegenüber zentralstaatlichen und föderalistischen Praktiken und liefert historische Erkenntnisse für aktuelle umweltpolitische Debatten um eine nachhaltige und sozialverträgliche Energiezukunft. Ergänzend dazu präsentierte nach der Mittagspause Sara Šifrar Krajnik ihre Forschung zur «Geschichte der Wasserkraft in Slowenien bis zum Zweiten Weltkrieg», die Teil desselben Gesamtprojekts ist. Šifrar Krajnik zeigte auf, wie die landesweite Elektrifizierungskampagne und die wachsende Erkenntnis des Bedarfs an Elektrizität für Wirtschaft, Tourismus und Bevölkerung zum Bau des ersten regionalen Wasserkraftwerks am Završnica-Bach führten.

Höhepunkt des Nachmittags bildete Prof. Dr. Boris Previšić beeindruckendes Referat «Intakt ist nicht intakt! – der letzte Schweizer Mythos jenseits von Biodiversitäts- und Klimakatastrophe». Naturwissenschaftlich präzis zeigte er auf, wie der Klimawandel Haupttreiber des Biodiversitätsverlustes ist und wie wenig zielführend es ist, wenn in dieser Diskussion Argumente gegeneinander ausgespielt werden. Das Referat zeigte nicht nur sehr deutlich die Problematik auf, sondern lieferte mit dem «Prüfstein Solarexpress» auch fundierte, zukunftsweisende Lösungsansätze. Beim Referat und an der anschliessenden Diskussion anwesend waren neben den Institutsmitgliedern auch der Stiftungsrat des Instituts. Nach einer kurzen Pause endete der intensive Tag mit dem ebenso spannenden wie spielerischen Workshop zu «Unübersetzbaren Topographien» von Dr. Veronika Studer-Kovacs.

Der dritte Tag begann mit dem sehr anschaulichen Referat «Biodiversität mit Fokus Schweiz» von Dr. Manuela Di Giulio. Erneut wurde sehr deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, das Thema Biodiversität nicht losgelöst von planetaren Grenzen zu betrachten und wie dringend im Hinblick auf das Artensterben ein sofortiges Umdenken und Handeln ist. Der Vormittag endete mit einem Spaziergang durchs Reussdelta, der zahlreiche Gelegenheiten zum Peer-to-Peer-Austausch bot und dabei die Bedeutung des interdisziplinären Dialogs für das Verständnis und die Gestaltung alpiner Problematiken sowie Zukunftsperspektiven unterstrich.

Veröffentlicht am 15. Juli 2024

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