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Was im Hintergrund wirkt

Was im Hintergrund wirkt

Das Urner Institut Kulturen der Alpen zu Besuch bei der Ürmetzg und der Kläranlage Uri

Im Rahmen der Institutstage des Urner Instituts Kulturen der Alpen haben wir uns auch dieses Mal intensiv mit Themen beschäftigt, die direkt mit dem Leben im Kanton Uri zu tun haben. Besonders eindrücklich waren unsere Besuche im Schlachthof «Ürmetzg» in Altdorf und in der Urner Kläranlage. Beides Orte, an denen man viel darüber lernen kann, wie unser Alltag funktioniert – und was das mit Kultur, Gesellschaft und sogar Klimapolitik zu tun hat.
 

Ein Besuch in der «Ürmetzg» – mehr als nur Fleischverarbeitung

Walti Herger, der Leiter der Ürmetzg, hat uns persönlich durch den Betrieb geführt. Pro Jahr werden hier etwa 3000 Tiere geschlachtet – das sind rund 8 bis 10 Prozent aller Nutztiere im Kanton Uri. Die Tiere werden meist direkt von den Bäuerinnen und Bauern angeliefert, ohne Umwege über Zwischenhändler. Die kurzen Transportwege schonen die Tiere – und auch die Fleischqualität wird dadurch besser.

Was uns besonders gefallen hat: Hier wird noch echtes Metzgerhandwerk gepflegt – im Gegensatz zu den anonymen Grossbetrieben im Mittelland. Auch gesellschaftliche Entwicklungen kamen zur Sprache, zum Beispiel die abnehmende Nutzung von Alpwiesen. Als Folge davon wachsen viele Flächen zu – ein Prozess, der als «Vergandung» bekannt ist. Walti Herger versucht hier gegenzusteuern, indem er neue Produkte aus «Gitzi»-Fleisch entwickelt. Ein wegweisender Ansatz, der zeigt, wie lokale Landwirtschaft, Tradition und Innovation zusammenkommen können.

Abwasser und Energie – ein Blick hinter die Kulissen der Kläranlage

Mindestens genauso überraschend war der Besuch in der Kläranlage in Altdorf. Wir haben erfahren, dass Uri der einzige Kanton der Schweiz ist, in dem das Abwassersystem kantonal organisiert ist. Mit Ausnahme von Seelisberg wird das Abwasser des ganzen Kantons hier gesammelt und gereinigt. Und: Das Wasser aus Andermatt erzeugt auf seinem Weg nach Altdorf durch die Schöllenenschlucht sogar Strom – genug für etwa 60 Haushalte!

Was uns als Kulturwissenschaftler:innen daran besonders interessiert: Hier sieht man gut, wie politische Entscheidungen ganz konkret unseren Alltag beeinflussen. Die Grenzwerte, die das Wasser erfüllen muss, bevor es in den Urnersee zurückgeführt werden darf, sind gesetzlich geregelt. Das bedeutet, dass hier nicht der oder die Einzelne verantwortlich gemacht wird, sondern klare Strukturen greifen. Ganz anders also als beim Thema CO2, wo viel Verantwortung auf die Einzelperson geschoben wird.

Kunst trifft Forschung – Luzia Hürzeler zu Gast im Institut

Neben dem inspirierenden und relevanten Austausch mit der Praxis empfängt das Institut regelmässig Gäste aus den verschiedensten Gebieten von Forschung und Kultur. Diesmal war die Künstlerin Luzia Hürzeler bei uns zu Gast. Sie bewegt sich im Bereich der Künstlerischen Forschung an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Hürzeler beschäftigt sich intensiv mit dem Verhältnis von Mensch und Tier – sowohl im Zoo als auch in der Wildnis. Im Zentrum ihrer Arbeit stehen der Wolf sowie das Wissen und die Bilder, die über ihn produziert werden. Hürzeler zeigt eindrucksvoll, wie eine neugierige, unvoreingenommene Forschungsweise nicht nur neue künstlerische Einsichten ermöglicht, sondern auch den Blickwinkel der Gesprächspartner:innen und Expert:innen erweitert.

Die Rückkehr des Wolfs in die alpine Kulturlandschaft polarisiert. Neben politischen, gesellschaftlichen und naturwissenschaftlichen Fragen wirft sie auch zahlreiche juristische Aspekte auf. Prof. Dr. Roland Norer, der gemeinsam mit Prof. Dr. Boris Previšić das Urner Institut der Kulturen der Alpen leitet, widmet sich dieser Thematik ausführlich im vielbeachteten Buch Wolfsmanagement im Alpenraum (2024). Darin bietet er einen umfassenden Blick in die aktuelle Wolfssituation in den Alpenländern. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie man den Schutz der Tiere mit der traditionellen Weidewirtschaft in Einklang bringen kann – ein Balanceakt, der viele Seiten betrifft.  Auch im Kanton Uri fanden öffentliche Veranstaltungen zu diesem Thema statt, die auf grosses Interesse in der Bevölkerung stiessen.

Forschung, die nah am Leben ist

Am Urner Institut Kulturen der Alpen arbeiten Menschen aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen zusammen – von Geschichte und Literaturwissenschaften über Philosophie bis zur künstlerischen Forschung. Was uns alle verbindet: Wir wollen nicht nur über die Alpen nachdenken, sondern auch mittendrin sein, zuhören, beobachten und mit Menschen ins Gespräch kommen. Besuche wie im Schlachthof Ürmetzg oder in der Kläranlage sind für uns besonders wertvoll, da sie zeigen, dass die Herausforderungen, die sich lokal im Kanton Uri stellen, oft auf den gesamten Alpenraum übertragen lassen. Und manchmal finden wir gerade im Kleinen Antworten auf die grossen Fragen.

Jann Duri Bantli, Junior Research Fellow am Urner Institut der Kulturen der Alpen
Ivana Martinović, Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit

Veröffentlicht am 24. April 2025

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